Hülya Kursun, Klinik für Anästhesie, Intensivmedizin, Notfallmedizin und Schmerztherapie, Klinikum Ludwigsburg Posilipostraße 4 71640 Ludwigsburg, Deutschland C. Diehl, Klinik für Anästhesie, Intensivmedizin, Notfallmedizin und Schmerztherapie, Klinikum Ludwigsburg (Direktor: Prof. Dr. G. Geldner) G. Geldner, Klinik für Anästhesie, Intensivmedizin, Notfallmedizin und Schmerztherapie, Klinikum Ludwigsburg (Direktor: Prof. Dr. G. Geldner)
Im Folgenden wird über eine akzidentiell hervorgerufene Arzneimittelintoxikation berichtet. Eine junge gesunde Frau mit unauffälliger Sozial- und Suchtanamnese erkrankte an einer Gastroenteritis, welche symptomatisch mit Loperamid behandelt wurde. Aufgrund einer Chinin-Einnahme in den Vortagen durch größere Mengen Bittergetränke kam es akzidentiell zu einer zentralen µ-Rezeptor-Wirkung des Loperamids mit konsekutiver Vigilanzminderung und anschließender Aspiration. Wie schon seit längerem bekannt, gibt es eine große Gruppe an Medikamenten (Amiodaron, Azithromycin, Captopril, Clarithromycin),
welche Effluxtransporter (ABC-Transporter, vom Para-Glykoprotein (P-gp)-Typ) hemmen. Effluxtransporter können unter Energieverbrauch Substanzen gegen ein Konzentrationsgefälle transportieren.
Dieser Effekt wird in der Therapie von Tumoren zum Teil genutzt. Chinin sowie sein Stereomer Chinidin gehören zu den (P-gp)-Hemmern und führen dadurch zu einer zentralen Akkumulation des µ-Rezeptor-Agonisten Loperamid. In der Drogenszene wird dieser Effekt ausgenutzt, um eine zentrale Wirkung zu erreichen. Aufgrund dessen ist das in Deutschland bis April 2015 frei erhältliche Chinin rezeptpflichtig geworden. In den USA ist Chinin komplett vom Markt genommen worden.