Sonderbeiträge | Special Articles
R. H. Trippe

Hypnotisch induzierte Analgesie – Mechanismen

Hypnotically induced analgesia – mechanisms

Schlüsselwörter Hypnose, Analgesie, Aufmerksamkeit, Ablenkung, Ereigniskorrelierte Potentiale
Keywords Hypnosis, Analgesia, Attention, Distraction, Event-Related Potentials
Zusammenfassung

Zusammenfassung: Hypnose kann hochwirksam zur Schmerzreduktion eingesetzt werden. Allerdings gibt es noch immer keine Theorie, die befriedigend erklären kann, welche Prozesse und kortikalen Strukturen für ihre analgetische Wirkung verantwortlich sind.


Zur Klärung dieses Problems wurden in unserer Arbeitsgruppe verschiedene Studien durchgeführt, die neben subjektiven Reaktionen auch späte Komponenten (N150/P260) des ereigniskorrelierten Potentials (EKP) des EEGs nach noxischer Reizung untersuchten. In der ersten Studie konnte nachgewiesen werden, dass es unter Hypnose zu einer verminderten Einschätzung der Reizintensität kommt, die Komponenten des EKPs durch Hypnose aber nicht beeinflusst werden. In der zweiten Studie wurde überprüft, ob Hypnose und Aufmerksamkeitsablenkung ähnliche schmerzlindernde Wirkungen haben und ähnliche Veränderungen des EKPs bewirken, nachdem einige Autoren vermutet hatten, dass der schmerzlindernde Effekt der Hypnose vorwiegend auf eine Aufmerksamkeitsablenkung der Probanden von den noxischen Reizen zurückzuführen war. Das gleiche Ziel wurde mit einer dritten Studie an ausgewählt hoch- und niedrigsuggestiblen Personen verfolgt, die zeigte, dass nur hochsuggestible Versuchspersonen unter Hypnose eine Reduktion der Schmerzwahrnehmung erlebten. In beiden Studien konnte nachgewiesen werden, dass Aufmerksamkeitsablenkung zu einer signifikanten Amplitudenreduktion des EKPs führt, Hypnose hingegen nicht. Daraus kann gefolgert werden, dass Aufmerksamkeitsablenkung und hypnotische Analgesie zwei unterschiedliche Methoden der Schmerzkontrolle sind, die auf verschiedenen hirnelektrischen Prozessen basieren. Unsere Daten lassen vermuten, dass es unter Hypnose zu einer „Dissoziation“ zwischen unterschiedlichen an der Schmerzverarbeitung beteiligten Hirnstrukturen kommt, die nicht die Aktivität einzelner Strukturen vermindert, sondern die Kommunikation zwischen diesen Strukturen behindert. Dieser Kommunikationszusammenbruch könnte der entscheidende kortikale Mechanismus sein, der für die reduzierte oder sogar ausgeschaltete Schmerzwahrnehmung unter analgetischen Suggestionen verantwortlich ist.

Summary Summary: Although hypnosis is known to be a powerful tool for pain control, we still have no generally accepted theory capable of identifying the processes and cortical structures responsible for its analgesic effect. In an attempt to resolve this problem we carried out various studies to investigate subjective reactions and late components (N150 and P260) of the event-related potential of the EEG following noxious stimulation. The first study showed that while hypnosis reduced pain, it did not affect the ERP amplitudes. Since some authors suggested that hypnotic analgesia is caused by distraction, we compared in a second study the effects of hypnosis with those of distraction. In a third study we compared highly suggestible with poorly suggestible subjects and found that only the former experienced a reduction in pain perception under hypnosis. Both studies showed that, while ERP-amplitudes were significantly reduced by distraction, they remained unchanged under hypnosis. These results suggest that hypnotic analgesia and distraction represent different mechanisms of pain control based on different electrical processes in the brain. We postulate that hypnosis induces “dissociation” between different brain structures involved in the processing of pain, which, while leaving the activity of the individual structures unimpaired, inhibits communication between them. This breakdown of communication might represent the decisive cortical mechanism responsible for reduction or absence of pain perception under hypnotic suggestion.
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