Das vorliegende Positionspapier „Ökologische Nachhaltigkeit in der Anästhesiologie und Intensivmedizin“ zeigt konkrete Handlungsempfehlungen zur ökologischen Nachhaltigkeit in den Bereichen Anästhesie, Intensivmedizin und Notfallmedizin auf und stellt die Folgen der Umweltkrisen auf den Fachbereich dar. Es stellt die Aktualisierung des im Jahr 2020 veröffentlichten ersten Positionspapieres dar [1] und wurde von den Präsidien des Berufsverbandes Deutscher Anästhesistinnen und Anästhesisten e. V. (BDA) und der Deutschen Gesellschaft für Anästhesiologie und Intensivmedizin e. V. (DGAI) am 19.07.2024 verabschiedet.
Das Positionspapier ist angesichts der zu erwartenden Auswirkungen des Klimawandels und der weiteren drohenden Umweltveränderungen und des damit einhergehenden medizinischen Notstandes entstanden. Ziel ist es darzustellen, mit welchen konkreten Maßnahmen Anästhesistinnen und Anästhesisten negative ökologische Auswirkungen ihrer beruflichen Tätigkeit auf der Intensivstation und in der Anästhesiologie minimieren können. Eine nachhaltige Reduktion von Treibhausgasemissionen innerhalb des sehr CO2-intensiven Gesundheitssektors ist dringend notwendig, um die damit verbundenen negativen Auswirkungen auf die Gesundheit von Menschen weltweit zu verhindern. Dies sollte zum beruflichen Selbstverständnis aller Ärztinnen und Ärzte gehören.
Das Positionspapier ist in sieben Abschnitte untergliedert. Die Aktualisierung des Positionspapiers von 2020 erfolgte auf Basis der zwischenzeitlich publizierten Literatur und der aktuellen Evidenz. Es zeigt auf, wie Anästhesistinnen und Anästhesisten in ihrem beruflichen Wirkungskreis ökologische Nachhaltigkeit umsetzen können. Besonderes Augenmerk wird auf die Auswirkungen der in der Anästhesiologie und Intensivmedizin verwendeten Medikamente auf Umwelt und Klimawandel gelegt und es wird die besondere Bedeutung der volatilen Anästhetika als direkte und potente Treibhausgase betont. Welche Rolle Filtersysteme in diesem Bereich spielen können, wird in der vorliegenden Aktualisierung konkretisiert. Bezogen auf Sachartikel wird die zunehmende Verwendung von Einmalartikeln kritisch diskutiert und, soweit möglich, die Etablierung einer Kreislaufwirtschaft im OP und auf der Intensivstation angeregt. Zudem wird die Notwendigkeit zur Berücksichtigung des ökologischen Fußabdruckes bei der Produktauswahl betont. Neu erschienene Lebenszyklusanalysen von Produkten erweitern in diesem Bereich die bisher vorliegende Evidenz. Da Abfall erhebliche direkte und indirekte negative ökologische Auswirkungen hat, wird anhand des 5R-Konzepts erläutert, wie Abfall im OP und auf der Intensivstation aktiv reduziert werden kann, ohne die Prozesse negativ zu beeinflussen. Fallbeispiele zeigen, dass sich Recyclingkonzepte auch in diesen Bereichen ohne große Schwierigkeiten umsetzen lassen.
Über den direkten anästhesiologischen Arbeitsbereich hinausgehend adressiert das Positionspapier weitere wesentliche Handlungsfelder, die mittelbar mit dem beruflichen Alltag von Anästhesistinnen und Anästhesisten assoziiert sind. So wird auf die Bedeutung einer nachhaltigen Mobilität in Bezug auf Arbeitswege, klinisch induzierte Transporte und Kongressreisen hingewiesen. Ein verbessertes Energiemanagement kann im OP und auf der Intensivstation beginnen, muss aber letztlich das gesamte Krankenhaus umfassen. In diesem Bereich fallen sehr hohe CO2-Emissionen an, die durch Energiesparmaßnahmen effizient reduziert werden können. Zahlreiche der Maßnahmen sind einfach realisierbar und müssen dringend vor Ort umgesetzt werden. Schlussendlich wird auch die Bedeutung von Forschung und Lehre betont, um der Herausforderung der ökologischen Nachhaltigkeit in Anästhesiologie und Intensivmedizin erfolgreich begegnen zu können.
Abschließend werden in der vorliegenden Aktualisierung des Positionspapiers auch erstmalig die Auswirkungen von Klimawandel und Umweltveränderungen auf die klinische Versorgungsrealität in der Intensiv- und Notfallmedizin zusammenfassend dargestellt und Handlungsoptionen für eine klimaresilientere Patientenversorgung in den klinischen Bereichen von Anästhesiologie, Intensivmedizin und Notfallmedizin aufgezeigt.
The position paper entitled “Ecological sustainability in anaesthesiology and intensive care medicine” presents specific recommendations for action to achieve ecological sustainability in the field of anaesthesiology, intensive care medicine and emergency medicine. As such, it outlines the consequences of the environmental crises for the specialist area. It is based on the first position paper published in 2020 [1] and was adopted by the executive committees of the BDA and DGAI on Juy 19th, 2024.
The position paper was created in view of the expected effects of climate change and the threat of further environmental changes and the associated medical state of emergency. The aim was to outline the specific measures that anaesthetists can take to minimise the negative ecological impact of their professional activities in intensive care units and anaesthesiology. A sustainable reduction of greenhouse gas emissions within the highly CO2-intensive healthcare sector is urgently needed in order to prevent the consequential negative effects on the health of people worldwide. This should be part of the professional identity of all doctors.
The position paper is subdivided into seven sections. The previous 2020 position paper has now been updated on the basis of the literature published in the meantime and current evidence. It shows how anaesthetists can implement environmental sustainability in scope of their professional activity. Particular attention is paid to the impact of the drugs used in anaesthesiology and intensive care medicine on the environment and climate change and the special significance of volatile anaesthetics as direct and potent greenhouse gases is emphasised. The role that filter systems can play in this area is specified in this update. With regard to medical devices, the increasing use of disposable items is discussed critically and, whenever possible, the establishment of a circular economy in the operating theatre and intensive care unit is suggested. The need to consider the ecological footprint when selecting products is also emphasised. Newly published life cycle assessments of products expand the existing evidence in this area. As waste has considerable direct and indirect negative ecological effects, the 5R concept is used to explain how to actively reduce waste in the OR and ICU without negatively impacting processes. Case studies show that recycling concepts can also be implemented in these areas without major difficulties.
In addition to the direct anaesthesiological field of work, the position paper also addresses other key areas of action that are indirectly associated with the everyday work of anaesthetists. For example, the importance of sustainable mobility with regard to commuting, clinically induced transportation and congress travel is highlighted. Improved energy management can begin in the operating theatre and intensive care unit, but must ultimately encompass the entire hospital. Very high CO2 emissions are generated in this area, which can be efficiently reduced by energy-saving measures. Many of the measures are easy to implement and urgently need to be implemented on site. Finally, the importance of research and teaching is also emphasised in order to successfully meet the challenge of ecological sustainability in anaesthesiology and intensive care medicine.
In conclusion, this update of the position paper also summarises for the first time the effects of climate change and environmental changes on the reality of clinical care in intensive care and emergency medicine and presents options for action for more climate-resilient patient care in the clinical areas of anaesthesiology, intensive care and emergency medicine.