Zusammenfassung: Die chemischen Reaktionen zwischen den Inhalationsanästhetika und den Kohlendioxidabsorbentien sind heute ein hinlänglich bekanntes Poblem. Desfluran, Enfluran und Isofluran reagieren mit trockenem Atemkalk unter Kohlen-monoxidbildung.
Halothan und Sevofluran werden an trockenem Atemkalk unter Bildung zahlreicher gas-förmiger Reaktionsprodukte destruiert, deren Inhalation dem Patienten Schaden zufügen kann. Die beiden letztgenannten Anästhetika reagieren aber nicht nur mit ausgetrocknetem,sondern unter Bildung von Haloalkenen auch mit Atemkalk mit normalem Wassergehalt. In den vergangenen Jahren wurde vor allem dem Compound A, dem Reaktionsprodukt von Sevofluran mit dem Atemkalk, besondere Beachtung zuteil,und die wissenschaftliche Diskussion um dessen mögliche Nephrotoxizität beim Menschen ist noch nicht abgeschlossen. Neben dem korrekten Umgang mit den Kohlen-dioxidabsorbentien kann auch die gewissenhafte Auswahl des Atemkalks zur Gewährleistung der Patientensicherheit beitragen. Da sich Bariumkalk als besonders reaktionsfreudig erwies, sollte dieses Kohlendioxidabsorbens überhaupt nicht mehr in der Anästhesie eingesetzt werden. Die Beimischung von Alkalimetallhydroxiden zum Natriumkalk, besonders aber möglicherweise die Beimischung von Kalium-hydroxid, sind für die chemische Reaktion mit den Inhalationsanästhetika verantwortlich. Es sollten deshalb heute ausschließlich kaliumhydroxidfreie Natriumkalke als Kohlendioxidabsorbentien in der klinischen Anästhesie Anwendung finden,die in geringerem Maße mit den Anästhetika zu reagieren scheinen als konventioneller Natriumkalk. Dennoch müs-sen gewissenhaft alle Maßnahmen getroffen werden, ein akzidentelles Austrocknen des Atemkalkes sicher zu verhindern. Kürzlich wurden zwei Kohlendioxidabsorbentien vorgestellt, welche gar nicht mehr mit den Inhalations-anästhetika reagieren, weder in ausgetrocknetem Zustand noch bei normalem Wassergehalt. Kalzium-hydroxidkalk, ein alternatives Absorbens, welches bereits in allen Ländern der Europäischen Gemeinschaft für den klinischen Einsatz zugelassen und verfügbar ist, hat zwar eine etwas geringere Absorptionskapazität als die Natriumkalke, diese genügt aber dennoch den Anforderungen des klinischen Routinebetriebes. Der Einsatz dieses Kohlen-dioxidabsorbens sollte unbedingt immer dann erwogen werden, wenn Sevofluran als Inhalations-anästhetikum routinemäßig bei längerdauernden (> 2-3 Stunden) Niedrigflußnarkosen eingesetzt wird.Auch Lithiumhydroxid reagiert nicht mit den Inhalations-anästhetika. Dieses Absorbens reizt aber Schleim-häute und Atemwege in erheblich stärkerem Maße als Barium- oder Natriumkalk und ist als Kohlen-dioxidabsorbens recht teuer. Im aktuellen Vergleich beider Absorbentien scheint Kalziumhydroxidkalk die vielversprechendere Alternative zum Natriumkalk zu sein. Nicht nur durch den korrekten Umgang mit den Kohlendioxidabsorbentien,sondern auch durch die an den Usancen der jeweiligen Abteilung orientierte Auswahl des richtigen Atemkalks kann die Sicherheit von Inhalationsnakosen verbessert werden.