Übersichten | Review Articles
Zertifizierte Fortbildung | Continuing Medical Education (CME)
H. Theilen, M. Ragaller

Fieber beim kritisch Kranken: Ignorieren oder therapieren?

Fever in the critically ill: Ignore it or treat it?

Schlüsselwörter Fieber, Temperaturregulation, Intensivtherapie, Antipyrese, Sepsis
Keywords Fever, Temperature Regulation, Intensive Care, Antifebrile Measures, Sepsis
Zusammenfassung

Zusammenfassung: Ausgelöst durch Verstellung des Temperatursollwertes im Hypothalamus kommt es beim kritisch kranken Patienten auf der Intensivstation mit einer Inzidenz von bis zu 70% zu einer Temperaturerhöhung auf Werte > 38,3°C. Als Auslöser wurden zuerst Cytokine identifiziert, die als Reaktion auf einen inflammatorischen Reiz durch verschiedene Zellen des Immunsystems im Organismus freigesetzt werden.


Es hat sich zusätzlich herausgestellt, dass Proteine bakterieller oder viraler Herkunft unmittelbar in der Lage sind, über Toll-like- Rezeptoren auf das Temperaturregulationszentrum zu wirken. Neuere Untersuchungen machen zunehmend deutlich, dass diese Rezeptoren eine zentrale Rolle in der Initialisierung der Abwehrreaktion des Organismus auf die Invasion durch ein exogenes Pyrogen spielen. Die Diagnose des Symptoms Fieber beim kritisch kranken Patienten ist schwierig, da sowohl infektiöse als auch nicht-infektiöse Ursachen eine Rolle spielen können. Obwohl Fieber durch die Erhöhung des Energiestoffwechsels eine erhöhte Belastung des kardiopulmonalen Systems zur Folge hat, gibt es Hinweise darauf, dass antipyretische Therapiemaßnahmen, ob physikalischer oder medikamentöser Art, Mortalität oder Morbidität der behandelten Patienten ungünstig beeinflussen. Fieber sollte daher nicht unreflektiert einer allgemeinen symptomatischen Therapie unterworfen werden, sondern nur im begründeten Einzelfall durch entsprechende Maßnahmen gesenkt werden. Unbestritten bleiben jedoch die rasche und aggressive Ursachensuche und die sich daran anschließende kausale Therapie der Grunderkrankung.

Summary Summary: Triggered by a change in the thermostat (thermoregulatory centre) in the hypothalamus, an increased body-core temperature of > 38.3°C occurs in up to 70% of critically ill patients on the intensive care unit. Initially, different cytokines released by various cells of the immune system as a reaction to an inflammatory process were identified as being responsible for this phenomenon. It has recently been shown that microbial proteins can directly affect the thermoregulatory response via tolllike- receptors (TLR). The results of current investigations strongly suggest that the TLR play a key role in initiating the immune response to infection. The interpretation of the symptom fever in the critically ill is difficult, since the underlying disease may be infectious or non-infectious. Although fever stimulates the energy metabolism and puts an additional burden on the cardiopulmonary system, current data suggest that antipyretic measures, whether physical or pharmaceutical, are potentially harmful to the patient in terms of morbidity and mortality. Fever should therefore not elicit an automatic therapeutic response, but requires appropriate measures on an individual basis. There is no question, however, that the underlying cause must be sought aggressively and without delay, and then promptly treated.
Deutsch
Englisch