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Intensivmedizin | Intensive Care Medicine
F.A. Muthny, G. Kirste, H. Smit, S. Wiedebusch

Mögliche Einflussfaktoren auf die postmortale Organspende – Worin unterscheiden sich zustimmende von ablehnenden Angehörigen?

Factors possibly influencing postmortal organ donation – How do consenting and refusing relatives differ??

Schlüsselwörter Entscheidung zur Organspende, Angehörige, Trauer, Intensivmedizin
Keywords Consent to Organ Removal, Relatives, Grieving, Critical Care
Zusammenfassung

Zusammenfassung: Hintergrund: Die Zahl der Angehörigen, die eine Organspende nahe stehender Verstorbener ablehnt, ist mit ca. 40% relativ hoch. Diese explorative Studie soll Aufschluss darüber geben, aus welchen Motiven heraus Angehörige einer Organspende zustimmen oder sie ablehnen und welche weiteren Parameter diese Entscheidung beeinflussen.


Methodik: Ärzte, die Gespräche mit Angehörigen Verstorbener führten (N=154 Fälle), beantworteten einen zweiseitigen Fragebogen zur Angehörigen- Betreuung und Entscheidung über eine Organspende. Ergebnisse: In ca. zwei Drittel der Fälle stimmten die Angehörigen einer Organspende zu; in ca. einem Drittel kam es zu einer Ablehnung. In weniger als einem Viertel der Fälle lag eine Erklärung des Verstorbenen zur Organspende vor. Bei 52% der Fälle gab der mutmaßliche Wille des Verstorbenen den Ausschlag für die Entscheidung der Angehörigen, ca. 30% der Angehörigen entschieden nach eigenen Einstellungen. Hauptmotiv für eine Zustimmung zur Organspende war Altruismus (68%), eine Ablehnung ging in den meisten Fällen mit einer wahrgenommenen Verletzung der Körperintegrität durch die Organentnahme bzw. dem Nicht-Akzeptieren- Können des Todes einher. Soziodemographische Parameter des Verstorbenen und der Angehörigen, erkrankungsbezogene Charakteristika des Verstorbenen, Klinikcharakteristika sowie Setting-Variablen und Zeitpunkt des Gesprächs zeigten keine signifikanten Bezüge zur Entscheidung der Angehörigen. Eine größere Zahl der am Gespräch beteiligten Angehörigen ging statistisch mit einer häufigeren Ablehnung der Organspende einher. Angehörige, die einer Organentnahme zustimmten, führten tendenziell häufiger Gespräche mit Ärzten, die an einem EDHEP-Seminar teilgenommen hatten. Schlussfolgerungen: Zustimmende und ablehnende Angehörige unterscheiden sich nur begrenzt voneinander. Je weniger Angehörige am Gespräch beteiligt sind und je besser die Vorbereitung des gesprächsführenden Arztes ist, desto eher wird eine Zustimmung zur Organspende erreicht.

Summary Summary: Background: The number of relatives who refuse postmortal organ removal from a deceased family member is a relatively high 40% or so. This explorative study provides information on the motives of relatives consenting to or refusing organ donation and identifies further variables influencing the decision. Methods: Physicians talking to the next of kin of a deceased person (N=154 cases), completed a twopage questionnaire on the care offered relatives and their decision regarding organ donation. Results: Approximately two-thirds of the relatives consented to organ donation; about one-third refused it. Less than 25% of the deceased had consented to or rejected donation. In 52% of the cases the presumed wishes of the deceased person influenced the decision of family members, while about 30% of the relatives based their decision on their own position. The chief motive for consenting was altruism (68%), refusal was usually due to failure to accept the death of a loved one, or was based on the view that organ donation disfigured the deceased person. Sociodemographic parameters of the deceased person and his relatives, illness parameters, variables of the setting and time of negotiation did not correlate with the relatives’ decision. A larger number of relatives present at the negotiations correlated with a larger number of refusals. Relatives spoken to by physicians who had attended an EDHEP-seminar consented more often. Conclusions: Consenting and refusing relatives differed but little. The smaller the number of relatives taking part in the negations, and the better the physician’s had been trained for requesting organ donation, the more likely are relatives to give their consent.
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