Sonderbeiträge | Special Articles
Transfusionsmedizin | Transfusion Medicine
J. Erhard

Individuelle Hämotherapie – die interdisziplinäre Regelung

Individual haemotherapy – an interdisciplinary concept

Schlüsselwörter Patienten-orientiertes Blutmanagment (PBM), Hämotherapie, Interdisziplinäres Konzept
Keywords Patient Blood Management, Haemotherapy, Interdisciplinary Concept
Zusammenfassung

Der Verbrauch von Erythrozytenkon‑ zentraten in Deutschland wie im euro‑ päischen Raum liegt unverändert hoch. Konservative wie operative Disziplinen verbrauchen je etwa die Hälfe der in Deutschland jährlich ca. 5 Mio. produzierten Erythrozytenkonzentrate.

Die Indikation zur Transfusion sollte abgestimmt mit dem Transfusionsgesetz und den Querschnitts-Leitlinien der Ärztekammer erfolgen. In der letzten Zeit mehren sich Publikationen, wonach eine liberale Transfusionspraxis mit deutlich höheren Risiken für den Patienten verbunden ist, als bisher angenommen. Randomisierte Studien zu diesem Thema sind rar und aufgrund der multifaktoriellen Komponente bezüglich des Patienten-Outcome schwierig durchzuführen. Eine sehr sinnvolle Möglichkeit, die Transfusionsindikation im Sinne des Patienten zu beschränken, ist das patientenorientierte Blutmanagement. Es gründet sich auf die drei Grundsätze: die Blutvolumensituation des Patienten präinterventionell zu optimieren, das optimierte Blutvolumen zu erhalten und im Falle einer Blutung die physiologischen Grenzen des individuellen Patienten zu nutzen, bevor eine Transfusion erfolgt. Die Querschnitts-Leitlinien geben mit einem hohen Evidenzgrad Empfehlun‑ gen für einen Transfusionstrigger, wobei im Falle einer akuten Anämie bei einem Hämoglobinwert von 6 g/dl die Notwendigkeit zur Transfusion gesehen wird. Es sollte jedoch Berücksichtigung finden, dass nicht der Hb-Wert alleine, sondern Kreislaufsituation, Sauerstofftransport und -verbrauch und Gesamtzustand des Patienten wesentliche Parameter darstellen. Deutlich höher ist der Blutverbrauch in der Therapie der chronischen Anämie, die heute in unseren Kliniken ein großes diagnostisches und therapeutisches Problem darstellt. Neben der Diagnostik bezüglich der Ursachen stehen hier eine Reihe von Alternativtherapien zur Anhebung des Blutvolumens zur Verfügung, die nur konsequent genutzt werden sollten. Unter ökonomischem Aspekt sind - aktuell und in Zukunft - wesentliche Einsparungen im Gesundheitssystem mit einer patientenorientierten Therapie möglich. Gerade im chirurgischen Bereich bietet eine patientenorientierte Hämotherapie mit Blutmanagement eine Möglichkeit, wesentliche Mengen an Blut einzusparen, ohne den Patienten zu gefährden. Das patientenorientierte Blutmanagement sollte im Bewusstsein des Klinikers einen hohen Stellenwert bekommen, um überhaupt für eine Problemlösung auf diesem wichtigen Gebiet der klinischen Medizin mit breiter Basis eingesetzt werden zu können.

Summary

There is still a huge amount of blood being transfused worldwide in questionable indications. The transfusion of blood is an inherently dangerous and costly therapy that should only be used when the benefit for the patient outweighing the possible harm. The discussion if, how and when alternatives to transfusion should be used is not yet generally known. Often only the level of the haemoglobin leads to the decision of a transfusion. There are many ways in which the need for transfusion can be reduced or indeed avoided. One effective instrument is the patient blood management (PBM) that should be established in the clinical thinking as a tool to reduce the numbers of unnecessary transfusions. It will mean the management of the patient who is at risk of blood transfusion so as to minimize the need for allogeneic blood and improve the probability of a good clinical outcome. The concept of PBM is interdisciplinary: first, the pre-interventional correction of a low level of haemoglobin; second, use of all measures to minimizing peri-interventional blood loss; third, in case of bleeding apply transfusion triggers based on the physiological parameters of the patient . Till today haemotherapy is a “soft skill” in the clinical practice and often a liberal transfusion practice seems to be the easy way of a solution. But serious data are available that transfusions are asso­ciated with an increased morbidity and mortal­ity. So we have to deal with an economic­al and patient-oriented haemo­therapy in the interdisciplinary concept of PBM.

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