Schlüsselwörter
Akutes Nierenversagen, Akute Nierenschädigung, Intensivmedizin, Retentionswerte, Nierenersatztherapie
Keywords
Acute Renal Failure, Acute Kidney Injury, Intensive Care, Retention Parameters, Renal Replacement Therapy
Zusammenfassung
In der Intensivmedizin lässt sich oft keine isolierte Ursache der akuten Nierenschädigung ausmachen, vielmehr handelt es sich um ein multifaktorielles Geschehen mit Ischämie und direkter Nephrotoxizität. Dabei ist die Niereninsuffizienz nicht allein Folge einer generalisierten schweren Erkrankung, sondern selbst auch Mediator des Krankheitsgeschehens.
Sie kann bei kritisch Kranken über Urämie, Immunsuppression, Hypervolä‑
mie und Elektrolytimbalancen prognoseentscheidend sein. Die besondere Aufmerksamkeit gilt damit noch mehr der Vermeidung einer Nierenschädigung, dem frühen Erkennen einer solchen und der frühen und adäquaten Therapie. Dem wird die 2007 vorgestellte AKIN-Stadieneinteilung (Acute Kidney Injury Network) gerecht; ein absoluter Anstieg des Serum-Kreatinins um nur 0,3 mg/dl (entsprechend 26,4 µmol/l) wird als eine akute Nierenschädigung im Stadium 1 eingestuft. Leider zeigt die Erhöhung des Serum-Kreatinins nur zeitlich verzögert eine stattgehabte Nierenschädigung an; der Wert geht aber auch in Berechnungen zum Abschätzen der glomärulären Filtrationsrate (GFR) ein. So erlaubt die MDRD-Formel (Modification of Diet
Renal Disease) nur eine grobe Orientierung über die glomeruläre Filtrations‑
rate. Neuere Parameter wie NGAL (Neu‑
trophil Gelatinase-Associated Lipocalin) können als frühe Serum- und Urin-Biomarker eine akute ischämische Nierenschädigung wesentlich früher anzeigen.
Voraussetzung für die glomäruläre Filtration ist die Aufrechterhaltung eines ausreichend hohen arteriellen Mitteldrucks bei ausgeglichenem Volumenstatus. Ein Flüssigkeitsmangel soll immer mit kristalloiden Lösungen ausgeglichen werden; der Einsatz von kolloidalen Vo‑
lumenersatzmitteln ist nur bei akutem Volumenmangel gerechtfertigt. Der unkontrollierte und hochdosierte Einsatz von Diuretika wird in der Intensivmedizin kritisch gesehen, eine sich entwickelnde Nierenschädigung kann so nicht vermieden werden.
Einen Konsens, bei welchen Retentionswerten mit einer Nierenersatztherapie begonnen werden sollte, gibt es bislang nicht. Immer mehr Gründe sprechen
aber für einen frühzeitigen Therapiebeginn und mit ausreichend hoher Intensität. Als praktische Entscheidungshilfe gilt: Ist eine deutliche Anstiegstendenz der Retentionswerte zu verzeichnen, die
Entwicklung eines akuten Nierenversagens z.B. bei chronischer Vorschädigung und/oder schwerwiegender Grunderkrankung zu erwarten, die Diurese rück‑
läufig oder steigende Diuretika-Do‑
sierungen im Rahmen der Flüssigkeitsbilanzen erforderlich, soll mit einer Nierenersatztherapie unabhängig von Absolutwerten für Serum-Kreatinin und -Harnstoff begonnen werden.
Bei kritisch Kranken sollen kontinuierliche Nierenersatzverfahren eingesetzt werden, aber auch eine intermittierende Behandlung – dann aber täglich und schonend – ist möglich. Letztlich soll auf einer Intensivstation immer das Verfahren zum Einsatz kommen, mit dem ein hohes Maß an Erfahrung vorliegt.
Summary
In the ICU setting it is often not possible to identify a single specific cause of acute renal failure (ARF). Rather, this is a complex event, with major involvement of ischaemia and direct nephrotoxicity. Recent data show that an acute kidney injury is not merely a consequence of a severe generalised illness, but may itself be a significant mediator of the illness. Via the effects of uraemia, immunosuppression, hypervolaemia or electrolyte imbalance acute-on-chronic RF may impact the outcome of the critically ill
patient. Accordingly, it is of prime importance to avoid renal impairment, or to diagnose it in its earliest stages and to institute appropriate therapy as early as possible. With this in mind, the AKIN-staging system (Acute Kidney Injury Network) was introduced in 2007. An absolute increase in serum creatinine by only 0.3 mg/dl (26.4 mcmol/l) is class-
ed as Stage I ARF. Unfortunately, the increase in serum creatinine merely confirms an earlier renal injury, but the
parameter also enters calculations of the glomerular filtration rate (GFR).
The MDRD-calculation (Modification of
Diet Renal Disease) is thus merely an approximate estimation of the GFR. More recent markers, such as the NGAL (Neutrophil Gelatinase-Associated Lipocalin) in serum and urine can serve as much earlier indicators of ischaemia-induced ARF. They enable a faster diagnosis of ARF than serum creatinine. Determinants of the GFR are the maintenance of mean arterial pressure and a balanced volume status. Any fluid deficit should always be corrected with crystalloids; colloids are justified only in the event of an acute intravascular volume deficit. The uncontrolled use of high doses of diuretics in intensive care is not recommended, as this strategy does not prevent the development of ARF. Nor is there consensus on the precise criteria for the initiation of renal replacement therapy. However, there is growing evidence in favour of early initiation and adequate intensity of renal replacement therapies. In summary: a significant in‑
crease in urea and serum creatinine indicating an incipient acute-on-chronic renal failure or ARF in the critically ill patient, progressive reduction of diuresis and an increasing demand for diuretics to maintain the fluid balance indicate a need for the timely commencement of renal replacement therapy, independent of the patient´s absolute creatinine and urea values. In the ICU setting, renal re‑
placement therapy should ideally be continuous or, if this is not possible, intermittent on a daily basis and as easy on the patient as possible. The choice between continuous and intermittent haemodialysis should be determined by
the current level of experience of the ICU involved.