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Klinische Anästhesie | Clinical Anaesthesia
G. Lachmann · C. Knaak · J. Gerken · L. Rupp · M. Raspe · P. Koch · D. Barthelmes · D. Bitzinger

Zwischen Leistungs­erbringung und Burnout: Evaluation der psychosozialen Belastungsfaktoren im Arbeitsleben junger Anästhesisten. Ergebnisse einer bundes­weiten Befragung

Schlüsselwörter Arbeitsbedingungen – Arbeitsverdichtung – Gratifikationskrise – Evaluation
Keywords Working Conditions – Work Strain – Effort-reward Imbalance – Evaluation
Zusammenfassung

Hintergrund: Tiefgreifende Veränderungen im Gesundheitswesen haben für Ärzte und Pflegende in der stationären Patientenversorgung zu einem stark verdichteten Arbeitsalltag geführt. Vorarbeiten legen eine potenzielle Gesundheitsgefährdung durch die derzeitigen Arbeitsbedingungen nahe. Diese Studie soll aktuelle Belastungsfaktoren, deren Konsequenzen und subjektive Verbesserungsbedarfe für junge Ärzte im Fachgebiet der Anästhesiologie untersuchen.


Methodik: 2017 wurde eine webbasier­te Befragung aller bei der Deutschen Gesellschaft für Anästhesiologie und Intensivmedizin e. V. organisierten Ärzte bis zum vollendeten 35. Lebensjahr durch­geführt. Der Fragebogen enthielt validierte Erhebungsinstrumente zur Be-
urteilung der psychosozialen Arbeitsbelastung. Der subjektive Gesundheitszustand und das Burnout-Risiko wurden anhand des standardisierten Copenhagen Psychosocial Questionnaire erhoben. Der Einfluss der Effort-Reward-Ratio auf diese wurde mithilfe linearer bzw. logistischer Regressionen untersucht.
Ergebnisse: In die endgültige Analyse gingen 390 komplette Datensets ein. Die Teilnahmequote lag bei 15,5%. Es wurden vor allem zeitliche und psycho­soziale Belastungsfaktoren mit starker Ausprägung festgestellt. 62,5% der jungen Anästhesisten arbeiten durchschnittlich mehr als 48 Stunden pro Woche und überschreiten somit die Grenze nach dem Arbeitszeitgesetz. Fast ein Drittel der Befragten (31%) nahmen aufgrund einer hohen Stressbelastung durch die Arbeit Medikamente ein. Die Belastungsfaktoren sind mit einem reduzierten Gesundheitszustand und einem erhöhten Burnout-Risiko assoziiert. Junge Anästhesisten fordern primär eine Reduktion der Arbeitsverdichtung, weniger ökonomischen Einfluss auf fachlich-medizinische Entscheidungen sowie ge­setzlich festgelegte Personalschlüssel.
Schlussfolgerung: Auf Basis dieser Befragung bestehen gravierende und system­relevante Belastungen im Arbeitsleben junger Anästhesisten, die eine Anpassung der Arbeitsbedingungen dringlich erfordern, um die Gesundheit der betroffenen Ärzte und die Qualität der Patientenversorgung für die Zukunft sicherzustellen.

Summary

Background: Profound changes in health care systems have led to an increase in workload during residency training. Previous studies on this topic suggest potential harm due to the current conditions. This study investigates stressors, their adverse effects and perceived need for improvement for young physicians in anaesthesia residency.
Methods: This web-based survey was conducted in 2017 and administered to all physicians registered as members of the German Society of Anaesthesiology and Intensive Care (DGAI) up to the age of 35 years. Validated screening tools were applied to assess psychosocial workload. Subjective health status and risk of burnout were assessed using the Copenhagen Psychosocial Questionnaire. The impact of the effort-reward ratio on both items was analysed by linear and logistic regression analyses.
Results: A total of 390 completed surveys (15.5%) were returned. The presence of time constraints and psychosocial stress of high intensity were reported. Taking medication due to a high workload was reported by 31% of all respondents. These stressors are associated with impaired health status and an increased risk of burnout. Key requirements among young anaesthesiologists are a decrease in workload and economic constraints on medical decision-making as well as legally required staffing levels.
Conclusions: This study reveals serious and relevant burdens on the working environment of young anaesthesiologists. These findings call for an urgent improvement of current working conditions to ensure physicians‘ well-being and future quality of patient care.

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