Das novellierte Mutterschutzgesetz von 2018 verfolgt eine doppelte Zielsetzung: den Schutz der Gesundheit schwangerer und stillender Frauen sowie die Ermöglichung ihrer Weiterbeschäftigung. Trotz zahlreicher Empfehlungen zur Beschäftigung schwangerer Ärztinnen bestehen auf diesem Gebiet Unsicherheiten, was oft zu unnötigen Einschränkungen führt. Nadelstichverletzungen sind ein bekanntes Risiko, doch die Infektionswahrscheinlichkeit für Hepatitis B, C oder HIV ist gering. Invasive Tätigkeiten wie das Legen zentralvenöser oder arterieller Katheter und die Durchführung von Regionalanästhesien sind in der Regel elektive Eingriffe, die unter sicheren Bedingungen durchgeführt werden können. Eine individuelle Gefährdungsbeurteilung ist entscheidend und muss den Erfahrungsstand der schwangeren oder stillenden Anästhesistin berücksichtigen. Bei Einhaltung aller Schutzmaßnahmen ist es im Hinblick auf die aktuelle Literatur- und Studienlage aus unserer Sicht vertretbar, den Umgang mit Kanülen als „verantwortbare Gefährdung“ einzustufen, sodass eine Weiterbeschäftigung und Fortführung der Weiterbildung möglich sind. Voraussetzung hierfür ist der freiwillige und selbstbestimmte Wunsch der schwangeren oder stillenden Ärztin, invasive Tätigkeiten durchzuführen, sowie die Umsetzbarkeit der Schutzmaßnahmen, getragen durch den Arbeit-gebenden.