Zusammenfassung: Die hypnotischen Effekte von Anästhetika lassen sich direkt durch das Elektroenzephalogramm (EEG) und seine daraus abgeleiteten Wellenformen (alpha, beta, theta, delta) ableiten. Die Bestimmung der analgetischen Tiefe ist jedoch nur indirekter Natur, indem über vegetative Reaktionen des Kreislaufs (Blutdruck und/oder Herzfrequenz), Abwehrbewegungen, Schwitzen, Tränenfluß oder die Bestimmung von Streßhormonen eine unzureichende Analgesie erkannt werden kann.
Seit der frühen Anwendung somatosensorisch-evo-zierter Potentiale (SEPs) im Rahmen von Schmerzmessungen bei Probanden ist bekannt,daß mit zunehmender Reizstärke von sowohl elektrisch- als auch laserstrahlinduzierter nichtschmerzhafter Reizung des N. medianus am Finger, am Unterarm und/oder der Zahnpulpa, die Amplitudenzunahme eine enge Beziehung zur individuellen Schmerzempfindung aufweist. Da sich die Amplitudenzunahme und individuelle Schmerzempfindung durch Analgetika vermindern lassen,scheinen beide eng miteinander gekoppelt zu sein. Die Ableitung sensorischer EPs im Rahmen der Anästhesie wird deshalb als eine Möglichkeit angesehen, die Analgesie während der Narkose zu bestimmen. Hinweise hierfür liefern Ergebnisse mit den µ-selektiven Opioiden Alfentanil, Fentanyl und Sufentanil, die beim wachen Tier eine dosisabhängige und naloxonreversible Amplitudenminderung auslö-sen.Dagegen weisen die Opiate Nalbuphin,Tifluadom und Bremazocine mit selektiver ?-Interaktion keine Amplitudenminderung, sondern eine dosisproportio-nale Latenzverzögerung auf.Dieser Effekt ist weniger gut durch Naloxon,besser durch einen ?-spezifischen Antagonisten umkehrbar. Es werden die Auswirkungen von Opiaten auf das EP im Hinblick auf die im Rahmen der Schmerzverarbeitung relevanten Strukturen im ZNS und die in diesen Strukturen unterschiedliche Verteilung von Opiatbindestellen dis-kutiert.Die am Tier abgeleiteten Daten können durch klinische Ergebnisse untermauert werden, da Intubation oder Zug am Mesenterium neben einer Amplitudenzunahme auch zu einer Steigerung der kardiovaskulären Parameter führten. Somatosensorische EPs gehören mittlerweile bei gefäßchirurgischen Eingriffen zur Routine, indem sie eine frühzeitige Gefährdung neuronaler Strukturen erkennen lassen. Zusätzlich scheint dieses Verfahren, ähnlich wie bei der Relaxometrie, durch "Reizung nozizeptiver Afferenzen" und Ableitung der spezifischen Antwort in Form des ereigniskorrelierten Potentials das Ausmaß einer Rezeptorbesetzung im Verlauf sensorischer Afferenzen zu reflektieren.