English Version
Übersichten | Review Articles
Zertifizierte Fortbildung | Continuing Medical Education (CME)
S. Scheid

Atopie, Allergie und Allergene im perioperativen Kontext

Atopy, allergy and allergens in the perioperative setting

Schlüsselwörter Hypersensitivitätsreaktion – Anaphylaxie – Allergie – Atopie – Adrenalin – Mastzell-Tryptase
Keywords Hypersensitivity – Anaphylaxis – Allergy – Epinephrine – Mast Cell Tryptase
Zusammenfassung

Bei einer Hypersensitivitätsreaktion handelt es sich um eine unerwartete, überschießende Reaktion nach Exposition gegenüber einer bestimmten Substanz, die bei Gesunden nicht auftritt. Perioperative Hypersensitivitätsreaktionen (POH) sind seltene Ereignisse, gehen jedoch mit signifikanter Morbidität und Letalität einher. POH können allergisch oder nicht-allergisch bedingt sein, eine Differenzierung allein anhand der Klinik ist nicht möglich.

Klinisch unterscheidet man 4 Schweregrade von Hypersensi­tivitätsreaktionen. Reaktionen mit dem Schweregrad III und IV werden auch als Anaphylaxie bezeichnet. Hauptrisiko­faktor für das Auftreten einer POH ist eine vorausgegangene, nicht abgeklärte Hypersensitivitätsreaktion in der Anam­nese. Typische Prodromi von Hypersensitivitätsreaktionen können unter Allgemeinanästhesie fehlen oder die Sym­ptome können durch die Auswirkungen von Anästhesie und Operation maskiert sein. So ist eine Hypotonie als häufigstes Initialsymptom einer perioperativen Anaphylaxie auch im Rahmen einer komplikationslosen Anästhesie häufig. Insbesondere während der Narkoseeinleitung werden regelhaft mehrere Substanzen in engem zeitlichem Zusammenhang verabreicht. Aus diesen Gründen können sowohl die Diagnosestellung einer POH als auch die Identifikation des auslösenden Agens erschwert sein. Die häufigsten Auslöser einer POH sind Muskelrelaxantien und Antibiotika. Ein gutes Outcome lebensbedrohlicher Hypersensitivitätsreaktionen ist von der rechtzeitigen Diagnosestellung sowie der umgehenden Einleitung adäquater therapeutischer Maßnahmen abhängig. Volumenersatz mit kristalloiden Lö­sungen sowie die medikamentöse The­rapie mit Adrenalin sind hierbei die wichtigsten Säulen. Antihistaminika und Glukokortikoide haben demgegenüber keinen Stellenwert in der Akuttherapie der Anaphylaxie. Die Diagnostik nach stattgehabter POH dient der Sicherung bzw. dem Ausschluss der Diagnose sowie der Identifikation des Auslösers und sicherer Alternativen für eine zukünftige Anästhesie. Bestandteile sind u. a. die Bestimmung der Mastzell-Tryptase sowie eine allergologische Stufendiagnostik. Eine interdisziplinäre Zusammenarbeit zwischen Anästhesie und Allergologie ist hierbei unerlässlich.

Summary

Hypersensitivity reaction is a generic term for every unexpected, reproducible reaction after exposure to a certain substance that goes beyond the expected effect and does not occur in healthy patients. Perioperative hypersensitivity reactions (POH) are rare events but are associated with significant morbidity and mortality. POH can be immunolo­gical or non-immunological, differen­ti­ation based on clinical symptoms alone is not possible.

There are 4 degrees of severity of hypersensitivity reactions. Grade 3 and 4 reactions are called anaphylaxis. A previous unexplained hyper­sensitivity reaction during general anaesthesia is the main risk factor for the occurrence of a POH. Typical prodromes may be absent under general anaesthesia, or the symptoms may be masked by the effects of anaesthesia and surgery. Hypotension, the most common initial symptom of perioperative anaphylaxis, also regularly occurs during uncomplicated anaesthesia. Especially during the induction phase of anaesthesia, several substances are administered in a short space of time. For these reasons, both the diagnosis of POH and the identification of the causative agent may be difficult. The most common triggers of POH are muscle relaxants and antibiotics. A favourable outcome of life-threatening perioperative anaphylaxis depends on the timely diagnosis and the prompt initiation of adequate therapeutic measures. Fluid resuscitation with crystalloid solutions and treatment with epinephrine are the most important aspects of initial therapy. In contrast, antihistamines and glucocorticoids are of limited value in the acute management of anaphylaxis. The diagnostics after POH aim to secure or rule out the diagnosis and identify the trigger and safe alternatives for future anaesthesia. Key components include the serological determination of mast cell tryptase and an allergological step-by-step evaluation. Interdisciplinary co­ope­ration between anaesthesia and allergology is of vital importance.

Deutsch
Englisch